Betriebshof A.R.T.
Eine klare Philosophie entwickelt eine klare Haltung, erfordert eine klare Kante.
Den rund 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Zweckverbandes A.R.T. wird mit diesem Entwurf, ganz nach den Leitlinien des Unternehmens, eine funktional-moderne, qualitativ hochwertige und nachhaltige Arbeitsumgebung geboten. Durch schonenden Umgang mit natürlichen Ressourcen, Verwendung nachwachsender Rohstoffe, nachhaltiger Vorsorge und Rücksichtnahme der Umwelt gegenüber ist das Unternehmen der Gesellschaft Vorbild und Orientierung. Der Entwurf ermöglicht auf kommende Her- ausforderungen höchst flexibel zu reagieren und somit wettbewerbsfähig zu bleiben.
In logischer Ergänzung des ehrlichen und offenen Leitbildes des Zweckverbandes spricht der Entwurf dieses GREEN-Building in Form, Sprache und Organisation klARText und trägt dazu bei dass sich der Zweckverband A.R.T. und seine Unternehmenskultur weiterhin als Branding und Marke manifestieren kann.
Entwurfskonzept
Das Grundstück für den neuen Betriebshof des Zweckverbandes wird südlich vom kommenden Bahnhaltepunkt, westlich von der künftigen Umgehungsstraße, östlich von einer Industriehalle und nördlich an der Metternichstraße von ehemaligen franzö- sischen Kasernengebäuden gefasst sein. Durch diese gut einsehbare, prominente Situation ergeben sich viele Blickbezüge auf die Gebäude und das Gelände. Der Entwurf reagiert hierauf, indem die Achse der ehemaligen Kasernen aufgegriffen wird, um den Straßenraum zu definieren. Die Entwurfskubatur referenziert auf verschiedene Gebäudekanten und generiert so eine sinnvolle städtebauliche Ergänzung im Austausch mit dem Kontext.
Neben Verwaltung und Personalbereich ist der wichtigste Arbeitsbereich des Zweckverbands A.R.T. die mobile Abfallwirtschaft, demzufolge sich der Entwurf des Betriebshofes, neben der außenräumlichen Einbindung in die Umgebung, natürlich den funk- tionalen Abläufen und der Logik der Arbeitsorganisation unterwerfen muss. Somit wurde eine klare Erschließungsstruktur mit angegliederter Differenzierung der Nutzungsbereiche Verwaltung, Sozialbereiche und Werkstätten entwickelt.
Da bei der A.R.T. die Vision und die Unternehmenswerte eines ehrlichen Miteinanders, der Wertschätzung der Arbeit, jedoch im Besonderen der Mitarbeiter im Vordergrund stehen, sind diese Elemente für das Entwurfskonzept prägend und sichtbar. Die Werkhalle findet sich nahe dem neuen Verkehrsknoten, die folgend an die Straße gereihten Parkflächen der Abfallsammeltrans- porter eröffnen das Gelände. Der anschließende Verwaltungsbau nimmt sich zurück, bildet jedoch als Hochpunkt mit solitärem Charakter die Adresse des Betriebshofes.
Die zweigeteilte Erschließung des Grundstückes erfolgt von der Metternichstrasse über eine neue Stichstraße, nordöstlich des Plangebietes. Dabei verläuft die Hauptanbindung für den morgen- und abendlichen Müllfahrzeugverkehr hinter dem Verwal- tungsbau entlang der Bahnlinie über eine 7m breite Zufahrtsstraße im Gegenverkehr. Von diesem Hauptstrang werden sowohl Tankstelle, Stellplätze als auch die Werkhalle bestens erschlossen, ohne dass die Fahrzeuge rückwärts fahren müssen. Für diese Hauptzufahrt wurde die Planungsvorgabe der Zufahrtsbreite optimiert, jedoch ist aufgrund des Erschließungskonzeptes auch eine alternative Lösung für die Zufahrt über den Mittelstrang denkbar. Über eine losgelöste, separierte zweite Zufahrt er- reichen Besucher und Mitarbeiter die Parkplatzanlage (74 PKW) und den kleinen „Entreeplatz“ mit Haupteingang am Kopf des Verwaltungsgebäudes. Die Differenzierung zwischen öffentlichem und internem Bereich erfolgt einerseits durch die Trennung auf dem Grundstück zwischen Pkw- und Lkw-Parkplatz und dem hinter der Verwaltung liegenden Haupttor, andererseits im Inneren zwischen den beiden unteren und oberen Geschossen.
Der Haupteingang an der Stirnseite leitet im großzügigen Foyer zu den administrativen Bereichen im zweiten und dritten Oberges- choss, wo durch die weiten Blickbezüge, dem Lichthof sowie der Holzoberfläche eine helle Atmosphäre vorherrscht. Ein weiterer, funktionaler Eingang in nahem Bezug zu den Parkplätzen ermöglicht den Werkern einen optimierten Zugang. Hier finden sich im Erdgeschoss die Wäscheausgabe, Stiefel-/ Kleidungstrockung, Umkleidebereiche Herren und Sanitätsraum sowie der Zugang zum Betriebsgelände. Ein Treppenhaus mit Aufzug verbindet zum ersten Obergeschoss mit Umkleide Damen und Pausenraum, wie auch zum zweiten Obergeschoss, wo die Disponenten verortet sind.
Vorbei an den Parkflächen, welche in zwei Reihen Platz für 45 Abfallsammeltransporter, sowie zwei Tankplätzen bietet, führt ein überdachter, gut ausgewiesener Fußweg zu der Werkhalle im südwestlichen Teil des Areals. Diese ist beidseitig anfahrbar, erfüllt die geforderten Bedingungen und kann durch die modulare, schottenartige Bauweise flexibel auf erweiterte Anforderungen reagi- eren. Das Lager für die Abfallsammelbehälter ist aktuell am südwestlichsten Teil des Grundstücks hinter der Überbrückung der Bahngleisanlage angedacht und durch die Unterführung gut erreichbar. Alternativ wäre auch eine Lagerung auf der Fläche hinter den Parkplätzen der Abfallsammeltransporter denkbar, würde jedoch die Qualität der Blickbezüge vom Bahnhaltepunkt auf das Gelände reduzieren.
Materialien
REduce – REuse – REcycle
Die in der Architektur verwendeten Materialien sind gleichzeitig Ressourcen, die in biologischen oder technischen Kreisläufen eingebunden werden. Diese Materialien haben messbare Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt. Die Anwendung des für das vorliegende vorgeschlagenen Cradle-to-Cradle-Konzeptes beschreibt das Prinzip zweier kontinuierlicher Kreisläufe (circular economy): Verbrauchsgüter sind biologisch abbaubar und gehen in den natürlichen Nährstoffkreislauf zurück. Gebrauchsgüter werden nach ihrer Nutzung in sortenreine Ausgangsstoffe zerlegt und einem technischen Kreislauf zugeführt.
Im Sinne einer « Cradle-to-Cradle »-Strategie, wird beim Bau des Gebäudes eine Minimierung der verwendeten Baumaterial- ien anvisiert. Die Baumaterialien werden in diesem Sinne in solcher Weise gewählt, dass sie nach ihrer Nutzung (am Ende der Lebensdauer des Gebäudes) entweder in einem anderen Gebäude wiedergenutzt oder als Rohstoff für neue Produkte genutzt werden können. Dies wird durch eine Reduktion auf wenige Materialien, weitgehend reversible Verbindungen und eine hohe Ver- wertungsquote der verwendeten Baustoffe
Es wird darauf Wert gelegt, dass schadstofffreie Baumaterialien mit einer hohen Lebenserwartung, einer einfachen Rückbaubar- und Recyclingfreundlichkeit und geringem Trennungsaufwand verwendet werden, um sie nach der End-of-Life-Phase wieder in den Stoffkreislauf einfließen lassen zu können. Weiterhin wird für das vorliegende Projekt der Einsatz von Materialpässen vorgeschlagen, welche die genauen Eigenschaften der eingesetzten Materialien dokumentieren. Die Schaffung von Richtlinien zur Demontagefähigkeit ergänzt diese Vorgehensweise.
Im Sinne der Vorbildfunktion der A.R.T. wird die Planung, Herstellung und Weiterverwendung hierbei ganzheitlich betrachtet und eine nachhaltige Vorsorge, wie auch schonender Umgang mit natürlichen Ressourcen forciert.
Freiflächen
Die Freianlagengestaltung des neuen A.R.T.-Areals wird in erster Linie durch die geforderte hohe Funktionalität und den daraus notwendigen großflächigen Verkehrsflächen geprägt. Zudem bestimmen die Anlagen der Regenwasserbewirtschaftung mit ihren entsprechend bemessenen Grünflächen das Erscheinungsbild maßgebend. Der Entwurf versucht die Proportionen von Fläche und Höhe (Gebäudekubaturen) in Einklang zu bringen. Darüber hinaus wird durch geringe Eingriffe in die Formgebung der Über- brückung der Bahngleisanlage der dadurch entstehende massive topografische Eindruck abgemildert und zugleich ein harmon- ischer Übergang in das Gelände gestaltet.
Aufgrund der großen Befestigungsflächen werden bei Regen entsprechende Wassermengen abzuleiten und gem. Wasser- haushaltsgesetz, soweit möglich, auf dem Grundstück zu „bewirtschaften“ sein. Durch die seitliche Anordnung von großflächigen grasbewachsenen Retentionsmulden, kann der Hauptanteil der anfallenden Niederschläge direkt zur Versickerung und Verdun- stung eingeleitet und später an die Vorflut weitergeführt werden. Aufgrund ihrer Anordnung, Formung und Ausgestaltung werden die funktionalen Flachmulden zu einem prägenden Gestaltungselement, zugleich entstehen durch die temporären Flutungen höherwertige ökologische Flächen. Zur Begleitung der o.a. großflächigen Verkehrsflächen werden seitlich angeordnete Groß- baumreihen aus heimischen Gehölzen vorgeschlagen. Der baumüberstellte Parkplatz und der Vorplatz im Norden sollen mit einer Hecke zum Straßenraum hin räumlich gefasst und abgesetzt werden.
Energiekonzept
Die Realisierung eines einfach handbaren Gebäudes mit optimalem Nutzerkomfort stellt die Philosophie des groben Energie- konzeptes dar. Dabei ist die Ausrichtung des Gebäudes auf einen geringen Energiebedarf ein primäres Planungskriterium; die individuelle Nutzung und der damit einhergehende thermische, visuelle und akustische Nutzerkomfort sind zudem von großer Bedeutung. Das Ziel ist die Realisierung eines gegenüber dem Außenklima und dem Nutzer energetisch robusten Gebäudes mit technisch und architektonisch einfachen Mitteln. Für die beheizten Teile des Gebäudes (Werkstätten, Umkleidebereiche und Verwaltung/Logistik) wird die Erreichung des Passivhausstandards anvisiert.
Die Verwaltungs- und Logistikbereiche werden mittels Lüftungsanlage mit hoher Wärmerückgewinnung hygienisch be-und en- tlüftet. Um den Wärme- und Strombedarf für die Lüftung zu reduzieren, sind sämtliche Luftmengen auf das notwendige hygien- ische Maß (30-35 m³/h pro Person) reduziert. Für das Gebäude mit sehr geringem Energiebedarf eignet sich die Nutzung geother- mischer Umweltenergie besonders zum Heizen und für die passive Kühlung. Neben der Beheizung erlauben die Anbindungen an das Erdreich zudem eine passive Kühlung indem nur eine Pumpe (ohne Wärmepumpe oder Kältemaschine) betrieben wird. Zur Sicherstellung des Heizwärmebedarfes wird die Nutzung von Umweltwärme über das Erdreich als regenerative Energiequelle in das Energiekonzept einbezogen, diese erfolgt mittels Tiefenbohrungen. Aufgrund eines hohen Warmwasserbedarfes für die Duschbereiche wird vorgeschlagen, ergänzend zur Wärmeproduktion eine solarthermische Anlage einzusetzen. Diese wird zur Trinkwarmwassererwärmung und zur Heizungsunterstützung vorgesehen.
Neben Energie ist auch Wasser eine Ressource mit der maßvoll umgegangen werden muss. Zur Reduzierung des Frischwass- erbedarfs werden die Toiletten mit Regenwasser gespült, das über die nicht begrünten Teile der Dächer gewonnen und in einer Zisterne zwischengespeichert wird.